Abschnittsübersicht


    • Einleitung:

      Die Themengebiete romantische Identität – kurz gesagt „wer fühlt sich von wem romantisch oder sexuell hingezogen“ – und geschlechtliche Identität – also vereinfacht „als zugehörig zu welchem Geschlecht oder welchen Geschlechtern bezeichnet man sich selbst“ – sind Bestandteil der Schulbildung und so auch des Unterrichts. Dem Biologie-Unterricht kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, denn große Teile der Sexualaufklärung werden dem Fach übertragen. Die Themenfelder Sexualität und Geschlecht können dabei biologisch-fachwissenschaftlich beschrieben und analysiert werden. Zur schulischen Aufgabe der Sexualerziehung gehören dabei aber unweigerlich auch persönliche, gesellschaftliche, soziale, emotionale und kulturelle Aspekte von Sexualität und Geschlecht, denen der Biologie-Unterricht ausreichend Beachtung schenken sollte (Etschenberg & Schaal 2023). Ein wichtiger Aspekt des Themenfeldes ist dabei die Vielfalt sowohl romantischer/ sexueller als auch geschlechtlicher Identitäten.

       

      Zielgruppe und Rahmenbedingungen:

      Dieser Selbstlernkurs richtet sich vor allem an Lehrkräfte oder Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, die sich über Vielfaltsthemen und -perspektiven im Biologie-Unterricht informieren möchten. Ein erster allgemeiner Teil bietet Definitionen und Erläuterungen zu grundlegenden Begriffen und Konzepten. Durch Vertiefungsangebote können anschließend einzelne Aspekte näher beleuchtet werden. Außerdem soll eine Ressourcen- und Materialsammlung Inspiration zur Verwendung im eigenen Biologie-Unterricht bieten. Es handelt sich hauptsächlich um einen informierenden Kurs, welcher an verschiedenen Stellen zur Reflexion anregen soll. Der Kurs ist damit als Ergänzung zum Ausbildungscurriculum des Vorbereitungsdienstes im Fach Biologie zu verstehen und richtet sich an interessierte LiV und solche, die sich mit dem Thema romantische/ sexuelle bzw. geschlechtliche Vielfalt auch in Bezug auf den eigenen Unterricht besser auskennen möchten.

       

      Struktur des Selbstlernkurses:

      Teil 1: Allgemeiner Teil (ca. 45 Minuten)

      1a: Input: Verortung der Thematik in den Fachanforderungen Biologie

      1b: Erarbeitungsphase: Begriffe im Themenfeld romantische und geschlechtliche Vielfalt

      1c: Methoden-Reflexion für den eigenen Unterricht

       

      Teil 2: Vertiefungsteil (je ca. 45 Minuten)

      Option A: Romantische/ sexuelle Vielfalt im Kontext der Bewertungskompetenz

      Option B: Geschlechtliche Vielfalt im Kontext der Sachkompetenz

      Feedback zum Selbstlernkurs


  • Zielsetzung: Ziel des ersten Teils dieses Selbstlernkurses ist eine begriffliche und inhaltliche Klärung des Themenfeldes. Dazu werden die Unterrichtsinhalte zunächst in den Fachanforderungen Biologie verortet. Im Anschluss ordnen Sie Begriffen entsprechende Definitionen zu und vergleichen zwei verschiedene digitale Anwendungen verschiedener Stufen didaktischer Reduktion. Am Ende des allgemeinen Teils werden Sie zu einer Reflexion der Methodik und des möglichen Einsatzes im eigenen Biologie-Unterricht angeregt.


  • Bearbeitungszeit:  ca. 10 min


    • Dieses Kapitel bezieht sich auf die Fachanforderungen Biologie in der dritten überarbeiteten Auflage (2023). Bitte beachten Sie, dass die Fachanforderungen regelmäßig überarbeitet werden und prüfen Sie die Aktualität der Informationen in diesem Selbstlernkurs.

       

      Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt finden sich zunächst im allgemeinen Teil der Fachanforderungen im Bereich Kernprobleme gesellschaftlichen Lebens: „Gleichstellung und Diversität: Entfaltungsmöglichkeiten der Geschlechter, Wahrung des Gleichberechtigungs­gebots, Wertschätzung gesellschaftlicher Vielfalt“ (S.6). Die Auseinandersetzung mit diesem und anderen Kernproblemen hat zum Ziel, sich mit den Herausforderungen der eigenen Lebensgestaltung und der Lebensgestaltung anderer Menschen auseinanderzusetzen. Gerade unter diesem Aspekt wird der behandelten Thematik hier also auch überfachlich großes Gewicht beigemessen.

       

      In Bezug auf die Beiträge der Biologie als Unterrichtsfach auf die allgemeine und fachliche Bildung heißt es weiter, dass  „Sexualerziehung […] ein unentbehrlicher Teil der schuli­schen Bildung und daher fester Bestandteil des Biolo­gieunterrichts“ sei (S. 10). Während die Sexualerziehung natürlich fachlich-biologische Inhalt aufweist, werden an dieser Stelle auch persönliche, soziale und kulturelle Dimensionen aufgespannt. Aus diesem Grund sei die menschliche Sexualität immer auch Werturteilen ausgesetzt (S. 10). Daran anschließend umfasst eine der didaktischen Leitlinien des Biologie-Unterrichts „die Aufnahme normativer Fra­gestellungen in den Biologieunterricht, das heißt die Ver­mittlung von Werten und Vorgehensweisen der sachlich begründeten Meinungsbildung“ (S. 7). Die Sexualität des Menschen ist dabei in Bezug auf ethische Analysen ein zu vermittelndes Themenfeld. Neben anderen Aspekten der menschlichen Sexualität ist das Thema „Hetero- und Homosexualität“ ein verbindlicher Inhalt im Kompetenzbereich Bewertung (S. 17).

       

      In Bezug auf den Kompetenzbereich Fachwissen (Sachkompetenz) finden sich Anknüpfungspunkte vor allem im Basiskonzept Reproduktion (R): Die Lernenden beschreiben etwa „biologische und persönliche Aspekte der menschlichen Fortpflanzung“ anhand der verbindlichen Fachinhalte Pubertät und Sexualorgane bei Mann und Frau (Sek I – R2: S. 22) oder beschreiben soziale und kulturelle Aspekte der Sexualität mit den Fachinhalten „Umgang mit der Sexualpartnerin/ dem Sexualpartner“ oder „Hetero- und Homosexualität“ (Sek I – R7: S. 22). Viele Fachinhalte, die im Zusammenhang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt eine Rolle spielen können sind hier zusammenfassend aufgelistet:

       

      Sek I - SF1: Fortpflanzungsorgane (S. 20)

      Sek I – R2: Pubertät & Sexualorgane bei Mann und Frau (S. 22)

      Sek I – R4: Meiose & Keimzellenbildung (S. 22)

      Sek I – R7: Umgang  mit Sexualpartnerinnen und -partnern; Hetero- und Homosexualität (S. 22)

      Sek I – R8: sexuell übertragbare Krankheiten und deren Prävention & HIV/ AIDS (S. 22)

      Sek I – SR4: Rolle der Hormone in der menschlichen Sexualität (S. 24)

       

      Zu guter Letzt spielt der Kompetenzbereich Kommunikation eine besondere Rolle im Bereich der Sexualerziehung. Dies gilt natürlich auch, oder gerade, für den Themenkomplex sexuelle und geschlechtliche Identität. So können verschiedene Teilkompetenzen gezielt gefördert werden – etwa „wesentliche Informationen in angemessener Fachsprache sach- und adressatengerecht“ zu vermitteln (Sek I – Kk2) oder eine sinnvolle Anwendung der Alltags- und Fachsprache um über Sexualität zu reden (Sek I – Kk4). Diese Kompetenzen sind dem Thema dieses Selbstlernkurses dabei nicht explizit zugeordnet, gerade, weil es in Bezug auf die Vielfalt in diesem Bereich aber viele spezifische Begriffe gibt, können die Teilkompetenzen gut geübt werden. Besonders ein adressatengerechter und sensibler Sprachgebrauch kann hier beispielsweise thematisiert werden.


  • Bearbeitungszeit: ca. 20 min

    Diese Erarbeitungsphase dient dazu, zwei verschiedene Learning Apps zu Fachbegriffen im Bereich romantischer und geschlechtlicher Vielfalt auf unterschiedlichen Stufen didaktischer Reduktion auszuprobieren. Neben dem Erproben der Methode und des Mediums kann das eigene Vorwissen dabei überprüft werden.

    Korrekt zugeordnere Paare verschwinden der Übersicht halber in der App. Am Ende dieses Kapitels finden Sie eine Musterlösung beider Aufgaben mit der Sie die Zuordnungen nochmals überprüfen können. Diese enthält auch weitere Begriffe und einige nähere Erläuterungen sowie mögliche Quellen für Begriffsdefinitionen.

    Hinweis: Die App kann durch Klicken auf das entsprechende Symbol im Vollbildmodus verwendet werden und darf mit Lernenden genutzt werden. Es ist keine Anmeldung erforderlich.

    Aufgabenstellung: 

    1. Ordnen Sie den Fachbegriffen (orange) in den Learning Apps jeweile Definitionen (blau) zu.

    App 1 (wenig reduziert): https://learningapps.org/display?v=pcp731dh225

    App 2 (didaktisch reduziert): https://learningapps.org/display?v=pnsbm289a25

    2. Diskutieren Sie kurz (in Gedanken) lerngruppenspezifische Vor- und Nachteile oder Gefahren des Einsatzes der Methode in ihrem Unterricht.

  • Bearbeitungszeit:  ca. 15 min

    Aufgabenstellung:

    1. Machen Sie sich anhand des Infotextes mit der Methode "Fragenbox" vertraut.

    2. Beantworten Sie die Beispielfragen weiter unten in diesem Dokument als ob Sie vor ihrer Lerngruppe stünden und reflektieren Sie, ob das Bearbeiten der Aufgaben dieses Kurses ihnen dabei geholfen haben.


    Die Fragenbox-Methode:

    Eine im Biologie-Unterricht im Themenbereich Sexualität des Menschen gerne genutzte Methode ist die Fragenbox. Die Methode kann wie folgt zusammengefasst werden:

    - Lehrkraft stellt eine Box (z.B. umgestalteter Schuhkarton) mit einem Einwurfschlitz bereit und teilt eine oder zwei Karteikarten/ Papierschnipsel an alle Lernenden aus.

    - Lehrkraft gibt Arbeitsauftrag: Schreibt Fragen zum Thema Sexualität auf eure Karten und legt diese umgedreht auf euren Tisch. Werft die Karten anschließend in die Box. Falls ihr keine Frage habt, schreibt einen Witz oder eine Botschaft an die Lehrkraft.

    - Lehrkraft klärt Regeln (individuell an Lerngruppe anpassen): z.B. alle Schreiben etwas (Frage oder Witz) auf beide Karten, niemand schaut auf die Karten anderer Lernender, niemand redet während dieser Phase, nach der Phase wird nicht über die eigenen Fragen geredet, niemand gibt an einen Witz aufgeschrieben zu haben, alle Fragen dürfen gestellt werden aber nicht alle Fragen werden beantwortet (z.B. zu persönliche Fragen, unangenehme Fragen, verletzende Fragen, ...).

    - Lernende können, je nach Lerngruppe, zuerst Denkzeit bekommen und dann erst zum Schreiben aufgefordert werden.

    - Fragen werden nach sorgfältigem Mischen von der Lehrkraft (!) gezogen, vorgelesen und entweder gemeinsam oder durch die Lehrkraft beantwortet.

    - Letzteres kann asynchron passieren, damit man sich als Lehrkraft vorbereiten kann (z.B. 3 Fragen am Ende jeder Stunde).


    Echte Beispielfragen (nicht im Wortlaut):

    "Ist ein Junge schwul weil er schonmal einen anderen Jungen geküsst hat?"

    "Wird man krank wenn man ein Homo ist?"

    "Warum sucht man es sich aus lesbisch zu sein?"

    "Können Menschen, die bi sind, eine Beziehung haben oder wollen sie immer beides?"

    "Wie haben zwei Männer/ Frauen Sex?"

    "Wieviele Geschlechter gibt es?"

    "Ist eine trans-Frau lesbisch wenn sie auf Frauen steht?"

    "Wann outet man sich am besten?"


    • Dieser Vertiefungsteil dient dazu, ihr Hintergundwissen einerseits und ihre didaktischen Fähigkeiten andererseits weiter zu fördern. Sie können dabei entscheiden nur eine der Optionen zu bearbeiten oder beide Optionen durchzuführen - je nach Bedarf. Die Bearbeitung der Optionen nimmt dabei in etwa 45 Minuten in Anspruch und besteht jeweils aus einer Input-Phase, einer Erarbeitung anhand von Material und der Reflexion des Einsatzes. Im Anschluss wird eine Materialsammlung zum eigenständigen Durchstöbern angeboten.

      Option A: Romantische/ sexuelle Vielfalt im Kontext der Bewertungskompetenz

      Option B: Geschlechtliche Vielfalt im Kontext der Sachkompetenz

    • 1. Schauen Sie den Input-Vortrag (Video). Pausieren Sie das Video gerne, falls Sie für das Lesen der Folien mehr Zeit benötigen (15 Minuten).

      2. Bearbeiten Sie das Arbeitsblatt Bewertungs_Schule der Vielfalt für sich selbst und ordnen Sie mindestens eine Teilkompetenz der Bewertungskompetenz zu, die gefördert wird (siehe Fachanforderungen Biologie) (25 Minuten).

      3. Diskutieren Sie die Eignung des Arbeitsblattes für den Einsatz in ihren Lerngruppen und notieren Sie gegebenenfalls Möglichkeiten der Modifikation (5 Minuten).

      4. Sichten Sie die Materialsammlung zu den Themen romantische/ sexuelle und geschlechtliche Vielfalt nach eigenem Ermessen.

  • Nach Bearbeitung des Kurses soll eine Rückmeldung an die Kursersteller und -erstellerinnen gegeben werden.